Freunde und Wein – alt bewährt sich: Wurzelassoziierte Bakterien besiedeln bevorzugt die Wurzeln ihrer natürlichen Wirtspflanzen

21. Juli 2021

Ein internationales Team von Forschern des Max-Planck-Instituts für Pflanzenzüchtungsforschung (MPIPZ) in Köln  und der Universität Åarhus in Dänemark hat herausgefunden, dass Bakterien aus der pflanzlichen Mikrobiota an ihre Wirtsart angepasst sind. In einer neu veröffentlichten Studie zeigen sie, wie wurzelassoziierte Bakterien bei der Besiedlung ihres natürlichen Wirts einen Wettbewerbsvorteil haben, der es ihnen ermöglicht, in eine bereits etablierte Mikrobiota einzudringen.

Pflanzen, darunter auch Nutzpflanzen wie Reis und Weizen, erhalten ihre lebenswichtigen Mineralstoffe und Wasser über ihre Wurzeln aus dem Boden. Wurzeln sind daher eine wichtige Schnittstelle zwischen Pflanzen und ihrer jeweiligen Bodenumgebung. Die Wurzeln von Landpflanzen gehen eine Verbindung mit einer Vielzahl von Mikroben, einschließlich Bakterien, ein, die aus dem umgebenden Bodenbiom rekrutiert werden und sich zu strukturierten Gemeinschaften zusammenschließen, die als Wurzelmikrobiota bekannt sind. Diese mikrobiellen Gemeinschaften werden von der Wirtspflanze mit Nährstoffen versorgt, vor allem in Form von organischen Kohlenstoffverbindungen, die von der Wurzel abgesondert werden. Im Gegenzug greifen diese kommensalen Bakterien in zahlreiche Prozesse ein, die für ihren pflanzlichen Wirt von Nutzen sind, wie die Abwehr von mikrobiellen Krankheitserregern, die Verbesserung der mineralischen Nährstoffmobilisierung aus dem Boden und die Förderung des Pflanzenwachstums.

Angesichts ihrer Bedeutung für Pflanzengesundheit und Pflanzenwachstum hat sich die Erforschung der Wurzel-Mikrobiota zu einem vielversprechenden Forschungsgebiet entwickelt. Ein tieferes Verständnis über das Zustandekommen der unterschiedlichen Wechselwirkungen zwischen der Mikrobiota und ihrem Pflanzenwirt könnte dazu beitragen, den Ertrag und die Widerstandsfähigkeit von Nutzpflanzen zu steigern.

Obwohl bekannt ist, dass Pflanzen über ihre Wurzeln verschiedene kleine Moleküle in den Boden abgeben, die als Chemoattraktoren für die Besiedlung der Wurzeln durch Bodenbakterien dienen, ist die aktive Selektion durch den Wirt und das Ausmaß, in dem Wurzel-assoziierte mikrobielle Gemeinschaften an bestimmte Pflanzenarten angepasst sind, weitgehend unbekannt. In einer neuen Studie, die in Nature Microbiology veröffentlicht wurde, hat ein Team von Forschern der Abteilung für Pflanze-Mikroben Interaktionen am MPIPZ in Köln, und der Universität Århus in Dänemark, versucht, ein tieferes Verständnis dieser komplexen, artenübergreifenden Interaktionen zu gewinnen.

Als ersten Schritt auf dieser Suche legten sie eine systematische Sammlung von Bakterien aus den Wurzeln der Modellleguminose Lotus japonicus an, von denen ein kleiner Teil symbiotische Bakterien sind, die atmosphärischen Stickstoff für das Pflanzenwachstum fixieren. Zusammen mit einer zuvor erstellten Kultursammlung von Bakterien aus Wurzeln von Arabidopsis thaliana, einer Modellpflanze für die Familie der Kreuzblütler, wurden dann synthetische mikrobielle Gemeinschaften (SynComs) im Labor zusammengestellt, um die Mikrobiota der beiden Pflanzenarten zu untersuchen.

Obwohl die bakteriellen Gemeinschaften der beiden Pflanzen die gleichen Bakterienarten enthielten, beobachteten die Forscher eine eindeutige Präferenz dieser Bakterien für die Besiedlung ihres jeweiligen natürlichen Wirts. Deren Vorrang wurde durch eine höhere Konkurrenzfähigkeit mehrerer Bakterienarten in der Gemeinschaft bei der Besiedlung ihres Ursprungswirts im Vergleich zu den aus dem anderen Pflanzenwirt isolierten Bakterien verursacht.

Auffallend ist, dass die Wirtspräferenz nur in einem Gemeinschaftskontext beobachtet wurde, in dem verschiedene Mikroben miteinander konkurrieren, nicht aber, wenn einzelne Bakterienarten die Pflanzenwurzeln ohne Konkurrenz besiedeln durften. Die Analyse der Genexpression beider Pflanzenarten bei der Interaktion mit verschiedenen synthetischen bakteriellen Gemeinschaften zeigte außerdem, dass dieser Prozess zumindest teilweise durch den Wirt gesteuert wird. Interessanterweise zeigte die Wurzelbesiedlung durch SynComs aus der Wirtspflanze oder ‚Nicht-Wirtspflanze‘ entgegengesetzte Genexpressionsprofile für eine Reihe bekannter Regulatoren der Pflanzenimmunität. Aufgrund dieser Beobachtung stellten die Autoren die Hypothese auf, dass indigene Bakterienstämme bei der Besiedlung der Wurzeln ihrer jeweiligen Wirtspflanze einen Wettbewerbsvorteil haben, indem sie artspezifische Wirtsnischen bilden.

Um diese Hypothese zu prüfen, führten die Wissenschaftler eine Reihe komplexer Experimente durch, bei denen SynComs aus verschiedenen Wirtsarten in bereits etablierte wurzelassoziierte Bakteriengemeinschaften in Wirts- und Nicht-Wirtspflanzen eindringen durften. Ihre Ergebnisse zeigten, dass indigene SynComs einen Wettbewerbsvorteil hatten, wenn sie in eine bereits etablierte Bakteriengemeinschaft ihrer Wirtspflanze eindrangen. Das zeigt, dass die Anpassung von Wurzel-assoziierten Bakterien der Mikrobiota an ihre jeweilige Pflanzenart zu einer erhöhten Invasivität und Persistenz in Konkurrenzsituationen führt.

Kathrin Wippel, Erstautorin der Studie erläutert: "Wir waren erstaunt zu sehen, dass die Besiedlung von Wurzeln durch bakterielle SynComs aus Wirt- und Nicht-Wirtpflanzen zu einer derart unterschiedlichen transkriptionellen Umprogrammierung von Pflanzenwurzeln führte. Dies trägt möglicherweise zur Bildung spezifischer Wurzelnischen durch und für indigene Stämme der Wurzelmikrobiota bei. Diese Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass bodenbewohnende Bakterien in der Natur nur mit einer bestimmten Pflanzenart assoziieren, ähnlich wie dies auch bei mikrobiellen Krankheitserregern oder nützlichen Symbionten von Pflanzen der Fall ist.“

 Die Ergebnisse könnten für die Landwirtschaft von großer Bedeutung sein, da sie einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Konkurrenz verschiedener Bakterienarten untereinander und der Wirtspräferenz für eine erfolgreiche Wurzelbesiedelung aufdecken. Probiotische Bakterien, die auf bestimmte Kulturpflanzenarten zugeschnitten sind und die Fähigkeit besitzen, in bereits bestehende mikrobielle Gemeinschaften einzudringen und dort im Wettbewerb zu bestehen, könnten dazu beitragen, die Wirksamkeit dieser in der Landwirtschaft zunehmend wichtigen biologischen Mittel entscheidend zu verbessern.

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