Blütenentwicklung im Frühling: Pflanzen, Zellen und Moleküle 

Forschungsbericht (importiert) 2024 - MPI für Pflanzenzüchtungsforschung

Autoren
Coupland, George  
 
Abteilungen
Entwicklungsbiologie der Pflanzen
Zusammenfassung
Pflanzen blühen als Reaktion auf Veränderungen der Tageslänge. Der Transport des sogenannten FT-Proteins von den Blättern zum Sprosskegel ist für diese Reaktion nötig. FT ist Teil des Florigen-Aktivierungskomplex, der an die an der Blüte beteiligten Gene bindet und deren Transkription aktiviert. Erstes Anzeichen für FT-Aktivität ist eine Vergrößerung des Apikalmeristems, gefolgt von der Bildung von Blütenknospenanlagen. Wir beschreiben die Funktion der Proteine im Florigen-Aktivierungskomplex und dessen Rolle bei der Regulierung von Transkriptionsfaktoren, die die Meristemgröße kontrollieren.

Wachsen und Blühen

Pflanzen synchronisieren ihre Entwicklung durch Reaktionen auf die durch die Jahreszeiten wechselnden Tageslängen. Diese steuern den Beginn der Blüte, die Knollenbildung bei Kartoffeln und das Knospenwachstum bei Bäumen und optimieren so die Fitness in natürlichen Populationen oder den Ernteertrag in der Landwirtschaft.

Wir untersuchen die molekularen Prozesse, die diese Reaktionen steuern, am Beispiel der Modellpflanze Arabidopsis thaliana. Diese Art blüht früh bei längeren Tageslängen im Frühling (16 Stunden Licht / 8 Stunden Dunkelheit) und spät an kurzen Tagen (10 Stunden Licht / 14 Stunden Dunkelheit) im Herbst. Wir konnten zeigen, dass die Messung der Tageslänge durch Regulation eines spezifischen Transkriptionsfaktors im Gewebe der Blätter erfolgt, dessen Transkription durch die zirkadiane Uhr gesteuert wird, während Photorezeptoren dazu beitragen, das abgelesene Protein zu stabilisieren. Der Transkriptionsfaktor wiederum steuert ein Signal, das Florigen, das zur Sprossspitze transportiert wird, um die Blüte auszulösen. Unsere und die Arbeiten weiterer Gruppen haben gezeigt, dass das kleine FT-Protein, das mit Lipid-bindenden Proteinen bei Tieren verwandt ist, eine Hauptkomponente dieses Signals ist. Der zugrundeliegende Mechanismus, also die tageszeitlich gesteuerte Transkription von FT oder FT-verwandten (FT-LIKE) Genen, ist in Blütenpflanzen konserviert und ein wesentlicher Ertragsfaktor für Nutzpflanzen. Im Folgenden möchte ich mich auf zwei kürzlich erzielte Fortschritte konzentrieren, die es uns ermöglichen, die Funktion des FT-Proteins und seine Rolle bei der Regulierung der Entwicklung an der Sprossspitze besser zu verstehen.

In der Sprossspitze angekommen, ist FT an einem Transkriptionskomplex beteiligt, der als Florigen-Aktivierungskomplex (FAC) bezeichnet wird. Untersuchungen an Reispflanzen deuten darauf hin, dass 14-3-3-Proteine als Rezeptoren für FT-LIKE-Proteine fungieren und einen Proteinkomplex bilden, der in den Zellkern transportiert wird, wo er an den Transkriptionsfaktor FD bindet. Der resultierende FAC enthält FT, 14-3-3 und FD und ist darauf angewiesen, dass FD Bindungsstellen in speziellen Genen erkennt, die die Blütenentwicklung beschleunigen (Abb. 1). Es wird angenommen, dass die Rekrutierung von 14-3-3 an FD von der Phosphorylierung einer Aminosäure am Carboxy-Terminus von FD abhängt. Mit Hilfe der Massenspektrometrie konnten wir feststellen, dass diese Aminosäure tatsächlich in vivo phosphoryliert ist und dass eine Mutation der entsprechenden Aminosäure die Fähigkeit von FD, mit 14-3-3 zu interagieren und so die Blüte hervorzurufen, unterbindet.

Wir haben alle Komponenten des FAC in vitro exprimiert und durch in vitro und in vivo Untersuchungen gezeigt, dass die Interaktion zwischen FD und 14-3-3 erforderlich ist, um das FD-Protein im Zellkern in einen löslichen Zustand zu bringen und die Dimerisierung von FD zu verstärken, sodass es an seine Zielgene bindet. Wir vermuten, dass 14-3-3 für die Aktivität des FD-Transkriptionsfaktors von Bedeutung ist und nicht nur zur Rekrutierung von FT dient, wie bisher angenommen wurde. Darüber hinaus haben wir festgestellt, dass FT wichtige, evolutionär konservierte Aminosäurebausteine enthält, die mit der DNA interagieren, sodass die Rekrutierung von FT in FAC in vitro von der Anwesenheit von DNA und nicht nur von 14-3-3 abhängt. Diese Analyse erweitert unser Verständnis des Aufbaus von FAC in vivo und verändert unsere Vorstellung der Funktionen der 14-3-3- und FT-Komponenten innerhalb dieses pflanzenspezifischen, evolutionär konservierten Transkriptionskomplexes.

Entstehung der Blüte aus apikalen Stammzellen

An der Spitze eines Pflanzensprosses befindet sich das Apikalmeristem (SAM). Diese Struktur enthält eine Gruppe undifferenzierter Stammzellen, die sich teilen und letztendlich alle Organe des Sprosses hervorbringen. Wenn Zellen aus der Stammzellnische verdrängt werden, differenzieren sie sich und bilden Knospenanlagen an den Flanken des SAM aus, die sich zu Organen wie Blättern und Blüten entwickeln. Das Eintreffen des FT-Signals an der Spitze der Pflanze führt zuerst zu einer Veränderung der Form und der Entwicklungsidentität des SAM (Abb. 2; [1]).

Danach erfolgt eine Differenzierung der an den Flanken des SAM gebildeten Anlagen, die sich nun zu Blüten statt Blättern entwickeln. Das früheste Anzeichen für diesen Identitätswechsel ist ein Anstieg der Zellzahl im SAM, der zu einer Zunahme von Höhe und Breite führt [2, 3]. Dieser Schritt ist wichtig, um sicherzustellen, dass genügend Zellen im SAM vorhanden sind, um die Entwicklung einer großen Anzahl von Blüten im Blütenstand aufrechtzuerhalten und damit die Menge der zu bildenden Samen zu maximieren [3]. Wir haben die meristematischen Regionen bestimmt, die sich während des Blütenübergangs verändern, und diese Unterschiede quantifiziert. Dabei zeigte sich, dass das SAM innerhalb weniger Tage nach der Blüteninduktion um das Zweifache in der Höhe und das Anderthalbfache in der Breite zunimmt (Abb. 2). Außerdem konnten wir zeigen, dass diese Veränderungen die Aktivität eines spezifischen Transkriptionsfaktors, AP2, voraussetzen, der im SAM exprimiert wird. AP2 ist bereits vor dem Eintreffen des FT-Signals im SAM vorhanden, vergrößert das SAM aber erst nach dessen Eintreffen. Die Expression von AP2 wird im weiterem Entwicklungsverlauf schnell unterdrückt, um sicherzustellen, dass das SAM nicht zu groß wird.

Wir kamen zu dem Schluss, dass FT erforderlich ist, um Gene zu aktivieren, die AP2 in die Lage versetzen, die SAM-Größe während des Blütenübergangs zu fördern, und identifizierten ein regulatorisches Netzwerk von Transkriptionsfaktoren und microRNAs, die durch FT aktiviert werden und später im Blütenübergang die AP2-Aktivität unterdrücken [3, 4]. Diese Ergebnisse bieten einen Ansatzpunkt für Erforschung der Mechanismen, durch die FT die SAM-Größe fördert, was zur vollständigen Entwicklung eines Blütenstandes führt.

Literaturhinweise

Romera-Branchat, M.; Severing, E.; Pocard, C.; Ohr, H.; Vincent, C.; Née, G.; Martinez-Gallegos, R.; Jang, S.; Andrés Lalaguna, F.; Madrigal, P.; Coupland, G.
Functional divergence of the Arabidopsis florigen-interacting bZIP transcription factors FD and FDP
Cell Reports 31, 107717 (2020)
Kinoshita, A.; Vayssières, A.; Richter, R.; Sang, Q.; Roggen, A. ,van Driel, A.D.; Smith, R.S.; Coupland, G.
Regulation of shoot meristem shape by photoperiodic signaling and phytohormones during floral induction of Arabidopsis
Elife 9:e60661 (2020)
de Olalla, E.B.G.; Cerise, M.; Rodríguez-Maroto, G.; Casanova-Ferrer, P.; Vayssières, A.; Severing, E.; López Sampere, Y.; Wang, K.; Schäfer, S.; Formosa-Jordan, P.; Coupland, G.
Coordination of shoot apical meristem shape and identity by APETALA2 during floral transition in Arabidopsis
Nature Communications 15, 6930 (2024)
Ó’Maoiléidigh, D.S.; van Driel, A.D.; Singh, A.; Sang, Q.; Le Bec, N.; Vincent, C.; Garcia de Olalla, E.B.; Vayssières, A.; Romera-Branchat, M.; Severing, E.; Martinez-Gallegos, R.; Coupland, G.
Systematic analyses of the MIR172 family members of Arabidopsis define their distinct roles in regulation of APETALA2 during floral transition
PLoS Biol 19: e3001043 (2021)
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