Gabriella Mosca

Postdoktorandin

1.         Was fasziniert Dich am meisten an der Pflanzenforschung?

Ich bin Physikerin, und mein Interesse für die Pflanzenforschung begann, als ich eine Doktorandenstelle suchte. Mein damaliger zukünftiger Betreuer bat mich, eine Arbeit von Alan Turing zu lesen: Ich kannte ihn als herausragende Persönlichkeit der Mathematik und Informatik und war überrascht, dass die Erkenntnisse aus diesen beiden Bereichen zur Lösung grundlegender Fragen der Biologie genutzt werden konnten. Später interessierte ich mich dafür, wie Pflanzen, die festsitzende Organismen sind und deren Zellen sich im Gegensatz zu den tierischen nicht gegeneinander bewegen können, die erstaunliche Vielfalt an Formen und Größen von Organen hervorbringen können, die wir alle in der realen Welt beobachten können.

2.         Erzähle uns kurz, welchen wissenschaftlichen Fragen Du am MPIPZ nachgehst.

Ich interessiere mich besonders dafür, wie Pflanzen wachsen, sich zu verschiedenen Formen entwickeln und dabei bestimmte Funktionen erfüllen, wie zum Beispiel die explodierenden Samen einiger gewöhnlicher Unkräuter, die wir in unseren Gärten finden. Mein Blickwinkel auf das Problem ist theoretisch und ich untersuche vor allem, wie die genetische Expression in Pflanzenzellen konkret funktioniert, während ich gleichzeitig verstehen möchte, wie die mechanischen Eigenschaften von Pflanzenzellen die entstehende Form des wachsenden Pflanzenorgans beeinflussen. Zur Beantwortung dieser Fragen entwickle und verwende ich Ad-hoc-computergestützte Berechnungstools, die eine Integration von experimentellen Daten und theoretischen Hypothesen ermöglichen. Ich beobachte dann, ob das entstehende Ergebnis in Form eines wachsenden Gewebes/Organs mit dem realen Ergebnis vergleichbar ist.

3.          Wer hat Dich in Deiner bisherigen Laufbahn besonders inspiriert?

In den letzten Jahren habe ich mich von den vielen talentierten Forschenden inspirieren lassen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte. Darunter mein Doktorvater Richard Smith, der einen großen Einfluss auf die Gestaltung meines rechnerischen Ansatzes in der Pflanzenforschung hatte. Die Pionierarbeit von D'Arcy Thompson "On Growth and Form" ist für mich eine große Inspirationsquelle, und ich empfehle diese Lektüre allen, die sich für die Morphogenese interessieren.

4.          Was ist für Dich die größte Herausforderung in Deiner bisherigen Laufbahn?

Der schwierigste Aspekt einer akademischen Karriere ist nicht die Wissenschaft selbst, sondern die Instabilität und Unsicherheit, die mit dieser Karriere einhergeht. In der Regel wechselt man während seiner akademischen Laufbahn mehrmals das Labor, die Stadt und das Land, und selbst dann ist ein fester Arbeitsplatz nicht garantiert. Noch komplizierter und schwieriger werden die Dinge, wenn man in einer Beziehung lebt. Für den Partner und vielleicht auch für die Kinder ist ein Umzug möglicherweise nicht die beste Wahl im Hinblick auf berufliche und persönliche Erfüllung..

5.         Wie stellst Du Dir Deine Zukunft in der Wissenschaft vor?

Mein Ziel ist es, mich als Gruppenleiterin einer Modellierungsgruppe zu etablieren, die sich durch einen multidisziplinären Ansatz für Entwicklungsbiologie und Biomechanik auszeichnet. Wir würden einerseits mit Informatikern und Mathematikern zusammenarbeiten, um modernste Modellierungswerkzeuge zu entwickeln, andererseits würden wir mit experimentellen Biologiegruppen zusammenarbeiten, um gemeinsam an einer Vielzahl von Problemen zu arbeiten, die von der biomechanischen Modellierung profitieren können. Der Vorschlag, ein reines Modellierungslabor am Computer ohne ein Gegenstück im praktischem Labor zu gründen, ist sehr selten: Viele denken, dass ein Modellierungslabor zu sehr von der experimentellen Zusammenarbeit abhängen würde. Ich möchte diese Sichtweise jedoch in Frage stellen. Ich der Meinung bin, dass jede gute moderne Wissenschaft keine "One-Man-Show" ist, sondern aus der Zusammenarbeit entsteht.

www.gabriella-mosca.com

Zur Redakteursansicht