Rhizobien-Symbiose beeinflusst Bakteriengemeinschaft in Pflanzenwurzeln

Wenn Knöllchenbakterien Pflanzen mit atmosphärischem Stickstoff versorgen, etablieren sich auch charakteristische mikrobielle Lebensgemeinschaften in der Wurzel, die das Pflanzenwachstum befeuern.

14. November 2016

Manche Pflanzen können ihren Stickstoffbedarf aus der Atmosphäre decken. Sie nutzen dafür Bakterien in ihren Wurzeln, mit denen sie in Symbiose leben. Die Arbeitsgruppe von Paul Schulze-Lefert am Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln und Simona Radutoiu von der Universität Aarhus in Dänemark haben die mikrobiellen Lebensgemeinschaften im Umfeld dieser Wurzel-Symbiose untersucht. Sie haben herausgefunden, dass das Fehlen der Rhizobien-Symbiose zu drastischen Änderungen bei der Zusammensetzung der mikrobiellen Lebensgemeinschaften in der Wurzel führt. Diese Veränderungen sind auch unter Bedingungen stabil, unter denen gar keine Knöllchen mehr gebildet werden, weil die Pflanze genügend gebundenen Stickstoff aus dem Boden bezieht. Offensichtlich bewirkt allein die Genausstattung der Wirtspflanze für eine funktionierende Symbiose, dass sich in den Knöllchen, der Wurzel und der Umgebung der Wurzel außerordentlich stabile und charakteristische mikrobielle Lebensgemeinschaften ausbilden. Das bedeutet aber auch, dass die Erbanlagen der Pflanze einen direkten Einfluss auf die Zusammensetzung der Mikrobiome haben müssen.

Lichtmikroskopische Aufnahme der Wurzel von Lotus japonicus. Sie ist mit dem natürlichen Symbiont Mesorhizobium loti befallen.

Alle Pflanzen brauchen Stickstoff für ihr Wachstum, allerdings können sie keinen Stickstoff aus der Luft verwerten. Sie können ihn nur als gebundenen Stickstoff in Form von Nitrat- oder Ammonium-Ionen nutzen, die sie entweder aus der Erde beziehen oder aus dem stickstoffhaltigen Mineraldünger, der den landwirtschaftlichen Flächen zugesetzt wird. Eine Pflanzenfamilie, die sogenannten Hülsenfrüchtler, hat allerdings die Fähigkeit entwickelt, Stickstoff aus einer symbiotischen Beziehung mit einem natürlichen Bodenbakterium zu beziehen. Für dessen Unterbringung richtet sie eigens spezialisierte Wurzelorgane ein, sogenannte Knöllchen. Dort wandelt das Bodenbakterium, das als Knöllchenbakterium oder Rhizobium bezeichnet wird,  atmosphärischen Stickstoff in stickstoffhaltige Verbindungen um, die die Pflanze dann nutzt.

Als Modellpflanze benutzten Schulze-Lefert, Radutoi und ihre Kollegen Rafal Zgadzaj und Ruben Garrido-Oter eine in Japan beheimatete Form des Hornklees und machten beim Wildtyp und vier Mutanten Inventur in den zugehörigen Mikrobiomen. „Wir konnten zeigen, dass mit dem Verlust der Symbiose mindestens sechs verschiedene bakterielle Ordnungen fast nicht mehr in der Wurzel nachweisbar sind“, erklärt Garrido-Oter. „Stattdessen führt der Verlust der Symbiose dazu, dass sich achtmal so viele bakterielle Ordnungen in der Rhizosphäre, also außerhalb der Wurzel, ansammeln. Anscheinend erhalten diese Bakterien keine molekulare Eintrittskarte mehr“, so Garrido-Oter weiter.

Welches mit der Symbiose verbundene Signal als molekulare Eintrittskarte dient, wissen die Wissenschaftler derzeit noch nicht, aber die massiven und stabilen Änderungen beim Mikrobiom sind offensichtlich eine direkte Konsequenz der nicht mehr funktionierenden Symbiose. Die Wissenschaftler konnten des Weiteren zeigen, dass Knöllchen und Wurzeln nicht nacheinander besiedelt werden, sondern gleichzeitig. Die Bakterien wandern also nicht von einem Bereich zum anderen, sondern suchen die Wurzel und die Knöllchen gezielt und ohne Umwege auf. 

Die Wissenschaftler um Schulze-Lefert und Radutoiu haben zwei mögliche Erklärungen für diese Ergebnisse. Es könnte sein, dass die Rhizobien im Zuge der Symbiose mit einem ganzen Tross an befreundeten Helfer-Bakterien in die Wurzel und die Knöllchen einziehen. Es könnte aber auch sein, dass die Signalstoffe, mit denen die Wurzeln die Knöllchenbakterien aus dem Boden anlocken, auch andere Bakterien anziehen, die mit der eigentlichen Symbiose nichts zu tun haben, aber das gleiche Signal als Eintrittskarte nutzen.

Die Ergebnisse sind in verschiedener Hinsicht bemerkenswert. „Weil Hornklee ohne intakte Symbiose kleiner und blasser bleibt als der Wildtyp und weil sich dieses kümmerliche Wachstum mit der Stickstoff-Düngung nur unzureichend ausgleichen lässt, ist es wahrscheinlich, dass dieser Phänotyp direkt mit der für die Mutanten typischen mikrobiellen Lebensgemeinschaft zusammenhängt“, sagt Garrido-Oter. „Ohne die Gene und Genprodukte für eine intakte Symbiose etabliert sich offensichtlich ein Mikrobiom, das die Pflanze nicht mehr optimal mit Nährstoffen versorgt.“

Da Hülsenfrüchtler in der Landwirtschaft oft als Zwischenfrüchte zur Verbesserung des Bodenstickstoffgehaltes eingesetzt werden, sind die Ergebnisse auch über die Grundlagenforschung hinaus relevant. Bisher ging man davon aus, dass die Symbiose nur eine Angelegenheit zwischen den Rhizobien und den Hülsenfrüchtlern ist. Jetzt spricht einiges dafür, dass an der Symbiose charakteristische mikrobielle Lebensgemeinschaften in der Wurzel und der Rhizosphäre beteiligt sind. In diesem Fall würde es nicht mehr genügen, das Saatgut der Hülsenfrüchtler wie derzeit üblich nur mit Rhizobien zu impfen, sondern man müsste es auch mit den relevanten Bakterien des Mikrobioms beimpfen.

HK/HR

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